Hier wählte ich die Worte der Überschrift natürlich nicht ohne Niedertracht. Wer ein ähnliches Aufmerksamkeitsproblem hat, genau wie ich, und Texte stellenweise nur überfliegt (liegt mit Sicherheit an der Masse des zu Verfügung stehenden Inputs dank Internet) anstatt sie in Ruhe und mit Bedacht zu lesen, der hätte vielleicht „loves“ anstatt „likes“ lesen können. Aber es geht tatsächlich nur ums liken. Nicht in Facebook, nicht auf Instagram – im real life. Likes hier, likes da, like mich am Arsch – wenn ich mal so lose Deichkind zitieren darf.
1989 traf Harry auf Sally und damit kam die viel diskutierte Frage auf, ob es zwischen Mann und Frau so etwas wie Freundschaft überhaupt geben kann. Ich gehöre eindeutig zur Ja-Fraktion, hatte ich doch selbst jahrelang einen Bruder mit dem ich zwar nicht blutsverwandt war, der sich aber wie einer anfühlte. Viel merkwürdiger ist doch der Punkt, warum man das im Jahre 2017 überhaupt noch erklären oder in Frage stellen muss? Eigentlich war das gar kein Thema mehr für mich bis ich einen Mann im ungefähren Alter meines Dad´s kennenlernte und mich mit ihm anfreundete. Ich hatte schon immer mal boxen lernen wollen aber mich nicht getraut oder um ganz ehrlich zu sein: ich hatte es mir nicht zugetraut. Ich liebäugelte immer nur aus der Ferne mit dem Boxclub bis ich mich irgendwann selbst überwand und eine Anmeldung ausfüllte. Die erste Zeit hatte ich meinen Freund an der Seite der mir den Einstieg unheimlich erleichterte, aber nachdem er sich abgemeldet hatte war ich auf mich allein gestellt.
Jemanden kennenzulernen war gar nicht so leicht, die meisten kamen mit Trainingspartner und so fühlte man sich manchmal wie beim Völkerball wenn die Teams zusammengestellt wurden, man nicht gewählt wurde und blöd alleine dastand. Tja, ich war nie eine Supersportlerin und werde es auch nie sein. Fakt. Nach einiger Zeit hatte ich jedenfalls ein paar Bekanntschaften geschlossen und es wurde besser und begann richtig Spaß zu machen. Darunter befand sich jemand, der wie die anderen Ahnung vom Boxsport hatte, mir half und mich unterstützte. Seitdem verbindet uns ein freundschaftliches Verhältnis. Nie hatte ich mir Gedanken um Geschlecht, Alter, (Beziehungs)-Status gemacht. Dafür andere umso mehr.
„Aber das ist doch komisch, er hat eine Tochter in deinem Alter. Das ist doch seltsam. Was soll sie denken?“
Ich weiß nicht was sie denkt, ich habe sie nicht danach gefragt als ich sie getroffen habe. Ich halte das nicht für mein Problem – sollte es denn eines sein? Man stelle sich nur folgende Konversation vor: „Hallo, ich bin Steffi – die Sportkumpeline von deinem Dad. Was denkst du darüber?“ Ächz, nö. Ich hielt einen Handschlag, gepaart mit einem Lächeln und die Nennung meines Vornamens für völlig ausreichend. Auch auf folgende Zusätze verzichtete ich: „Wir sind im gleichen Sportclub und trinken nach unserem Trainingskurs etwas zusammen und unterhalten uns. Da sind noch andere Menschen dabei und ach, bevor ich´s vergesse: wir haben keinen Sex.“ Das hätte ich doch etwas albern und überzogen, ja geradezu despektierlich hätte ich das gefunden. Sie vermutlich auch.
Die vermeintlich großen Unterschiede unserer Persönlichkeiten und Lebensumstände hatte ich bis dahin nur als Plus gesehen. Wie etwa in puncto Lebenserfahrung, Perspektiven, Ansichten, Verlässlichkeit, oder sein ruhiges Gemüt wenn ich mal wieder eine Kotztüte und nur am Schimpfen war. Während ich das alles so niederschreibe fällt mir auf, dass meine Kontakte zu Frauen – egal welchen Alters – nie zum Thema gemacht werden. Da gibt es anscheinend tatsächlich doch noch Klärungsbedarf. Im Jahr 2017.
Shirt: Kult
Rock: Second Hand
Tasche: Mango
Shoes: No name
Sunnies: Ray Ban