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Spiegel.

Es ist Frühling! Schaut mal, wie schön die Sonne scheint! Dumme Kuh, denke ich. Es ist Januar!! Wie blöd muss man sein den Frühling zu beschreien, nur wegen ein paar beschissener Sonnenstrahlen. Instagram, es nervt mich, und ich verbringe zu viel Zeit damit anderen Menschen bei ihrem Leben zuzusehen. Hallo ihr Mäuse! Heute stelle ich euch meine zehn allerliebsten Frühstückscafés auf Bali vor!!! Ich schaue auf den Kalender: es ist Mitte Februar. Ups.

Ich mache mir Sorgen um meinen geistigen Zustand. Um mein Gehirn. Blöder Fehler den Film „Still Alice“ gesehen zu haben, der den Verfall einer 50-jährigen Frau dokumentiert. Frühe Alzheimer, ja das gibt es auch. Kein erstrebenswerter Zustand. Ich tippe meine Persönliche Identifikationsnummer ins Handy. 3 mal, 4 mal.. immer falsch. Ich glaub dat einfach nich. Das waren bestimmt die Gehirnzellen die ich beim Rausch am letzten Donnerstag gekillt hab. Mama, sagt sie, wenn du alt bist kümmere ich mich um dich. Dann bekommst du ein kleines Zimmer bei mir, mehr brauchst du ja nicht. Kriege ich all deine Kleider? Und deinen Schmuck?

Ja sag ich. Na klar, kriegst du. Aber du kümmerst dich NICHT um mich. Leb dein Leben und schieb mich ins Altersheim ab, setz mich in einen Rollstuhl und fahr mich vor´s Fenster damit ich rausschauen kann. Ein Besuch pro Monat reicht völlig aus wenn ich alt und voll beknackt bin. Ich werde wahrscheinlich biestig und bitter sein, und mich mit biestigen, verbitterten Alten zusammentun um gemeinsam über die Welt zu schimpfen und zu rezitieren, dass früher alles besser war. Ich werde mich sehr deutsch verhalten und morgens gleich über das Wetter jammern. Zu kalt, zu warm, zu windig, zu lau, zu regnerisch. Und überhaupt, die Doris von gegenüber, die ist faul – die geht nicht arbeiten und `ne Glucke ist sie obendrein. Marlene allerdings ist eine Rabenmutter und hat ihren Haushalt nicht im Griff, die hockt ja nur im Büro die ganze Zeit, karrieregeil halt! Und die Männer dazu kannste vergessen. Paul ist ein Weichei, total unmännlich. Der wechselt doch tatsächlich Windeln und staubsaugt dann und wann. Das ist Frauenarbeit, sagte schon meine Urgroßmutter. Heinz allerdings ist ein Macho, verlangt pünktlich sein Essen und gebügelte Hemden. Der macht keinen Handschlag im Haushalt! Grauenhaft, ALLE miteinander.

Ich hole mir einen Coffee to go und habe Angst, jemand könnte mir eine reinhauen – weil ich einen Einwegbecher mit Plastikdeckel benutze. Ich habe Angst, jemand könnte der Kleinen eine reinhauen – weil sie ebenfalls einen Einwegbecher trägt, gefüllt mit heißer Schokolade. Ein beschissenes Vorbild gebe ich ab. Jetzt noch eine Zigarette anstecken und mein Kind kommt mit Blaulicht ins Kinderheim. Rauchen ist anscheinend Staatsfeind Nr. 1, ich fühle mich schlecht und schwach und süchtig. Ich bilde mir ein, Kokain ist gesellschaftlich anerkannter. Alles was Mama macht ist cool, ich will so sein wie du Mama. Ich freue mich, bin stolz und habe Angst. Ich sage ihr, ich habe mich erfolgreich geklont. Sie lacht. Meine Mutter würde genervt die Augen verdrehen, was machst du denn?? Kaffee im Laufen, in nem ollen Becher? Da setzt man sich hin, bestellt eine Tasse und trinkt die ganz in Ruhe während man die Leute beobachtet und raucht noch eine! Ich will aber Kaffeesahne, hast du gehört. (Draußen gibt es nur Kännchen).

Anscheinend hat sie sich nicht ganz so erfolgreich geklont, meine Kaffeetrinkkultur ist definitiv amerikanisch. Obendrein zahle ich ohne mit der Wimper zu zucken einen Betrag für zwei Getränke im unteren Preissegment eines Kleinwagens. Ich muss es wissen, ich fahre ein „kleines Autole“. Ich wohne auch nicht in einem Haus, sondern in einem „Häusle“. Beides „reicht für mich.“ Sie will diesen Kuchen in genau diesem Café – und nirgendwo anders. Ich bewundere sie, weil sie genau weiß was sie will und es explizit ausformuliert. Ausformulieren kann. Ich weiß nicht was ich will, ich weiß nur was ich nicht will. Ich formuliere es lautstark und es geht meist in die Hose. Du willst immer alles Steffi, das geht nicht. Ja, ich weiß. Schade.